Als Konstantin Jakabb die Kommunikationsunternehmung tochter gründete, war für ihn schnell klar, dass auch die Räumlichkeiten eine tragende Rolle spielen würden. Deshalb holte er gleich zu Beginn Interior Designerin und AREA Wien-Geschäftsführerin Magdalena Wahlmüller an Bord, um ein Büro zu gestalten, für das sich Mitarbeiter:innen bewusst entscheiden würden, das die Werte der Unternehmung widerspiegelt und ein lebendiger, wachsender Raum wird. Im Gespräch blicken die beiden offen auf ihre Erkenntnisse zurück.

Unsere Ansprüche an unser Arbeitsumfeld sind gestiegen. Warum soll ich mich als Mitarbeiter:in entscheiden, ins Büro zu kommen?

Die Pandemie hat uns gelehrt, uns mehr und intensiver mit der Gestaltung unserer Umgebung auseinanderzusetzen. Unsere Ansprüche an unser Arbeitsumfeld sind dadurch ebenso gewachsen wie unser Selbstbewusstsein, für Qualität einzustehen. Umso herausfordernder für viele Unternehmen, eine Leitkultur glaubwürdig vorzuleben, ohne dabei in alte Raster zu verfallen.

Magdalena:
Wir wollten bei der Einrichtung weiterdenken und gemeinsam kein klassisches Büro, sondern ein individuelles Interieur-Projekt entstehen lassen. Konstantin und ich haben beide bemerkt, wo sich Leidenschaften und Ansichten überschneiden. Das ist der wichtigste Ausgangspunkt für mich.

Konstantin: Gerade im beginnenden Nachhall der Pandemie lag mir die Thematik der räumlichen Gestaltung besonders am Herzen. Es steht den Mitarbeiter:innen der Unternehmung offen, von zuhause, hybrid und zusätzlich für eine längere Zeit aus dem Ausland aus tätig zu sein. Ich bin da ganz entspannt, solange es für das Individuum, das Kollektiv und die Unternehmung passt – das ist mein Rahmen für maximale Flexibilität. Ins Büro zu kommen sollte eine bewusste Entscheidung sein. Ich hatte deshalb eigentlich nicht damit gerechnet, dass mehr als 50 Prozent der Teams gleichzeitig anwesend sein werden. Da habe ich mich gut getäuscht: vielleicht ist es die Freiheit, zu kommen und zu gehen, wann man möchte, die einen Ort besonders attraktiv macht.

Magdalena: Ich denke schon, dass auch die Umgebung eine große Rolle dabei spielt, ob man gerne ins Büro geht oder nicht. Deswegen merken ja gerade viele, dass etwas getan werden muss.

Konstantin: Eine Hauptproblematik liegt in meinen Augen darin, dass viele Firmen erst jetzt realisieren, dass sie etwas tun müssen, damit die Mitarbeiter:innen wiederkommen – und sie wählen dann dabei den falschen Ansatz, betreiben nur oberflächliche Kosmetik. New Work ist eben nicht das lässige Büro, die Vier-Tage-Woche, der Sitzball oder der höhenverstellbare Tisch, Kicker oder Kaffeemaschine. Und es geht nicht darum, dass die Angestellten gerne noch länger arbeiten wollen. Hier muss sich das Urverständnis ändern: Es geht um Vertrauen, nicht um ein schönes teures Büro. Diese alten Systeme und Narrative beeinflussen uns unfassbar negativ, dabei bräuchte es Raum für Neues. Genau diese wollen wir schaffen.

Das Büro ist kein Museum. Der Raum soll leben, organisch wachsen, sich anfühlen wie eine Wohnung. Und trotzdem soll hier niemand übernachten.

Welche Faktoren bestimmen also den bevorzugten Arbeitsort der Mitarbeiter:innen, wenn sie die freie Wahl haben? Es scheint so zu sein, dass organisch gewachsene Formen und Strukturen unser Wohlbefinden fördern. Wir fühlen uns in einem natürlich angelegten Raum wohler als in einer starren, uns von außen übergestülpten Hülle. Diese Natürlichkeit wiederum muss von einem Unternehmen von innen heraus ehrlich gelebt werden – alles, was Fake, unecht oder von außen aufoktroyiert ist, kann auf die Dauer nicht funktionieren.

Magdalena:
Ich denke es geht erstmal ums Hinterfragen, was man wirklich braucht oder nur denkt in einem Büro machen zu müssen. Meistens ist man freier als man denkt und kann sich trauen, individuelle Lösungen zu wählen. Das Bauchgefühl hat hier in der Veithgasse gleich gepasst. Wir haben das Büro in verschiedenen Zonen gestaltet.

Der Esstisch ist das Zentrum, denn Gemeinschaft, gemeinsames Essen ist ein Wert, der hier gepflegt wird.
In den Arbeitsbereichen setzen wir auf Elemente, die organisch wachsen können, sich bewegen – hier geht es um Freiheit und smarte Lösungen, die dich aufwecken im Denken, weil sie selbst so schlau produziert sind und subtil Witz vermitteln. 
Der Kreativraum ist entstanden, als wir uns überlegt haben, wie man einen Ort zum freien Denken gestalten kann, wo man Dinge umstellen kann, keine klassischen Büromöbel. Dieser Raum wächst somit jeden Tag organisch aufs Neue.
Das Rondeau ist Sinnbild für eine Kommunikationsinsel: Ein Kreis, wo man kommunizieren kann, wo man sich austauschen kann.

Da wir nicht wissen, wie sich die Größe der Unternehmung verändert, müssen die Möbel flexibel und organisch sein, damit wir immer umbauen und erweitern können. Das gilt zum Beispiel für die Regale genauso wie die Moormann-Flexible-Desks. Der Moormann Pressed Chair ist aus einem Stück und stapelbar. Wir mögen schlaue Lösungen, out of the comfort zone, durchdacht und erweiterbar.

Der Fokus liegt nicht auf der "Hardware" der Möbel, sondern auf einem wertebasierten Zugang für Räume.

Während der Fokus in der Bürogestaltung alter Systematik rein auf Produktivitätssteigerung aufbaut oder nur von der Ästhetik abgeleitet ist, soll er bei tochter einem wertegestützen Zugang folgen. Deshalb wurde mit Magdalena auch eine Interior-Designerin für die Gestaltung der Büroräume beauftragt, die auch auf psychologische Aspekte der Raumgestaltung setzt.

Magdalena: Die Initialfrage, mit der wir in die Gestaltung gegangen sind, war: Es gibt diesen Raum, es gibt diese Fläche, wie schaffen wir es das, was tochter ausmacht, über die Gestaltung zu stärken?

Konstantin: Viele richten ihre Büros nur deswegen schön ein, um sich nach außen zu präsentieren oder die Mitarbeiter:innen zu binden – mir geht es vielmehr darum, einen authentischen Raum zu schaffen, der uns alle gemeinsam beflügelt, auf unseren Werten aufbaut und einen Rahmen für unser Tun schafft.

Magdalena: Dementsprechend haben wir eben keinen Fokus auf die Hardware gelegt, sondern einen wertebasierten Zugang gewählt – nachhaltiges Wirtschaften, konzentriertes oder technologieaffines Arbeiten, müssen sich laut meiner Auffassung auch in den Möbeln widerspiegeln. Bei tochter haben wir mit verschiedenen psychologischen Aspekten gearbeitet: Balance, Wohlgefühl, lustige Möbel eine Form von Kreativität zu integrieren.

Konstantin: Wir folgen keinen Work oder Design Trends. Wir folgen unseren Werten. Das ist doch die Quintessenz unseres Tuns: Räume zur Entwicklung und Entfaltung für uns im Team, wie auch mit unseren Kund:innen schaffen. Nicht in unserem eigenen Saft schmoren, sondern uns voller kindlicher Freude von allem, was mit Design und Gestaltung zu tun hat, jeden Tag aufs Neue überraschen und inspirieren zu lassen und 'Werthaftes' generieren.

Magdalena: Genauso sind die Räume psychologisch durchdacht. Du kommunizierst am Esstisch als Gemeinschaft. Die Außenzonen sollen Orte sein, wo man mal Luft schnappen kann und auch die Türen hinter sich schließen, um andere Ideen zu generieren. Das Rondeau leitet sich von dem altbekannten Sitzkreis ab, der Kommunikation stärkt. Und es soll einfach anders sein. Keine typischen Büromöbel. Die Essbank am Balkon ist benannt nach der Kampenwand, ein Berg am Chiemsee, wo sie produziert wird. Da ist nichts verschraubt, sondern nur verspannt. Es geht um Witz. Witz hieß für Konstantin und mich, etwas was dich zum Umdenken bringt, weil so smart gelöst ist. Es soll zum Hinterfragen anregen, darum, klare Gedanken fassen können: subtil, auf den zweiten Blick, Antithese zur digitalen Welt, reduziert, einladend, wohlfühlen. Möbel, die wachsen dürfen, smarte Lösungen, Anfertigungen mit Geschichte.

Konstantin: Mir geht es neben einem ansprechenden Design auch um Werte wie Respekt, Qualität, Handwerk und eine gewisse Feinsinnigkeit. Kunst und Kommunikation sind sehr nah verwandte Felder. Kunst spielt deshalb auch eine große Rolle im Büro: Dabei geht es keineswegs um laut schreiende Trend-Objekte, sondern vielmehr um fein nuancierte, hintergründige Werke, die – wenn man nachfragt oder genau hinsieht – beeindruckende Geschichten erzählen. So wie “Breaking Free”, ein Kunstwerk in Acryl und Bleistift auf Leinen von Stephanie Rainer, die ein Schicksalsschlag zur Kunst gebracht hat. All das beflügelt uns in unserer Arbeit und tut uns gut.

Räume sind immer Spiegelbild von Unternehmenswerten und gelebter Organisationskultur. Was erzählen unsere?

Ein Büro ist immer der Spiegel der Werte und Zusammenarbeit einer Unternehmung. Bewusst oder unbewusst. Hier werde alle Facetten der Unternehmung und ihrer Menschen sichtbar.

Magdalena:
Wir wollten Gemeinschaft, Kommunikation und Gesundheit über die Gestaltung bei tochter sichtbar machen. Wir haben deshalb bewusst im Büro geschaut, dass wir eher klar bleiben und Balance schaffen. Weil sich bei tochter im täglichen Arbeiten viel tut, es viele Inputs von außerhalb gibt, wollen wir nicht zusätzlich überreizen. Es ist gemütlich, man soll sich wohlfühlen. Alles zart umrandet anstatt aufregend. Nichts bricht außerordentlich. Es sollte durch die Einrichtung keine Ablenkung passieren. Die Klarheit der Gestaltung lässt uns klare Gedanken fassen.

Konstantin: Ich denke, unser Erfolgsrezept basiert auch auf dem Mitspracherecht jedes und jeder Einzelnen. Die Teams durften von Anfang an Input geben, was sie sich wünschen, was fehlt, was sie zum Arbeiten brauchen.

Magdalena: Die Werte von AREA haben sich direkt mit den Werten von tochter gematched. Deshalb ist uns die Gestaltung auch direkt leicht gefallen. Es freut mich immer wieder zu sehen, wie die Gestaltung über die Menschen und wie sie das Büro und jede Ecke nutzen, zum Leben erweckt wird.

Die Lieblingsplätze des tochter-Teams:

Linda Pezzei ist Fachjournalistin für Architektur und Design und Diplom Ingenieurin der Architektur. Wo sie aktuell Head Of Interior bei Meissl Architects ist.

Magdalena Wahlmüller ist Geschäftsführerin bei AREA Wien; und lässt ihre Leidenschaft für Yoga in die Arbeitswelt einfließen.

Portrait Linda Pezzei © Patrick Saringer

Linda Pezzei | 5.4.2023